Donnerstag, 13. Dezember 2007

Rettungsaktion im Orkan




Vinson 2007-12-15

Basecamp 13. 12. 2007-12-15

War das eine Woche……Hoffnungsfroh sind wir vom Basecamp am Branscombglacier gestartet. Mit den Schiern zum Halfcamp gewandert und dann gleich weiter ins Camp 1.

Nach dem üblichen errichten des Camps (diesmal hatten wir ja unseren super bequemen Satellite Dome von Mountain Hardware dabei) konnten wir gleich am nächsten Tag ein Depot auf ca. 4300 m errichten. Die Route wurde verändert und eine 1200 m hohe Firnflanke, ca. 30 Grad steil mit einem Fixseil versehen.

Nach dem Abstieg am nächsten Tag sehr eigenartiges Wetter. Ich wollte wieder mal einfach nicht hinauf. Aber am Nachmittag schien sich das Wetter doch noch zu verbessern. Die Sonne schien durch die Wolken und die schemenhaft sichtbare Lenticular über dem Mt. Shinn verflüchtigte sich ebenso. Wir gingen…….

Einige Stunden später erreichten wir den Platz des neuen Hochlagers, des so genannten Transmitterlagers (nach dem neuen Funk Transmitter benannt.) Zelte aufbauen, Schneemauern bauen und dann noch unser etwas zu hoch errichtetes Depot holen – und schon waren wir wieder mal richtig erschöpft.

Am nächsten Tag kam Wind auf, der im Laufe des Tages immer stärker wurde, in den Höhenlagen über uns wurde die Sicht endgültig null. Na ja, für drei Tage hatten wir ja Essen und Sprit für die Kocher mit.

Der Wind wurde auch am nächsten Tag nicht schwächer – im Gegenteil- die Böen erreichten erstmals Sturmstärke. Zum Glück hatten wir die neuen Zelte, und das Camp wirklich gut errichtet. Wir vermuteten, dass es am nächsten Tag besser werden würde. In der Nacht frischte der Wind noch mehr auf.

Am fünften Tag begann ich mir sorgen zu machen. Mit den anderen Führern erreichte ich eine Absprache, dass, Dave Hahn im Camp 1 von uns alles verwenden könne, was er benötigen würde, und wir heroben von ihm im Gegenzug einen Kanister Sprit haben könnten.

Über Funk bzw. Satellitentelefon erhielten wir leider keinen Wetterbericht.

Am 9. 12 war der Aufstieg vom C1 ins Highcamp, am 13. 12. um ca. 14 30 am Nachmittag kam Chris (ein Amiführer aus Kalifornien) zu mir ins Zelt. Sturmwarnung von Patriot Hills,
nach einer kurzen Wetterbesserung würde noch stärkerer Sturm aufkommen.

Wir hatten in den vergangenen 12 Stunden bereits ängstlich die Zeltstangen festgehalten. Die Böen des Windes erreichten Orkanstärke, es war unmöglich aufrecht zu gehen. Auf allen 4 bin ich noch in der Früh von Zelt zu Zelt gekrochen und hab die Kocher mit Benzin befüllt.
Bei einem nochmaligen stärker werden dieses Orkanes musste ich ernsthaft um die Zelte bzw. damit die Gesundheit der Teilnehmer fürchten.

Also sofortiger Abstieg, um die kurze Wetterbesserungspause zu nützen. Nur das nötigste einpacken, die Zelte flach legen und nichts wie hinunter. – aber nicht ohne vorher wirklich sturmdicht verpackt kein Fleckchen Haut dem eisigen Sturm auszusetzen.

Rettung im Sturm,
Laserer – alpin rettet ein amerikanisches Team

Abstieg: endlich sind alle 9 soweit und im dichten Sturm – Schneefegen machen wir uns über die weiten mit Windgangeln gespickten Gletscherfelder an den Abstieg zum Beginn des 1200 m langen Fixseilstrecke.

Plötzlich tauchen im Schneefegen schemenhaft 2 Gestalten auf, eine Figur sitzt im Schnee, ein Rucksack kugelt im Sturm herum und eine zweite Figur sitzt daneben, wo kamen die her? Wir kommen näher und es stellt sich heraus, dass es sich um Chris mit seinem Gast Richard handelt. Richard sitzt apathisch im Schnee, ohne Brillen auf und sagt er könne nur noch white spots sehen. Ich schaue ihm in die Augen, gebe ihm was zum trinken. Chris kommt mir eigentlich planlos vor.

Helmut und Hans halten unsere Gruppe zusammen und steigen mit allen ab ins Camp 1. Dort sollten noch drei Zelte und unser Dome stehen, sie sollten dann schon zu kochen beginnen.

Ich kümmere mich mit Chris um die Bergung von Richard. Ich schaffe es ihn soweit zu Motivieren, dass er wieder auf die Füße kommt, aber er taumelt und fällt immer wieder hin. Schließlich schaffen wir es, ihn bis zum Beginn der Fixseile zu bekommen.

Ich sichere mit Halbmastwurf, währende Chris Richard irgendwie die Firnflanke hinunter bringt, wobei sie immer wieder hinfallen und rutschen. Leider sind die Firnanker nur alle 50 m und das Seil ist nur 40 m lang, das heißt, dass ich immer wieder aushängen und nachgehen muss.

Tief unten kann ich in den Pausen zwischen den immer heftiger werdenden Böen meine Gruppe erkennen. Langsam und möglichst ohne Stress bringen wir Richard tiefer. Wie natürlich immer wieder in solchen Situationen fällt ausgerechnet Richard noch in eine Gletscherspalte – gut gesichert kein Problem, aber trotzdem Stress pur für den Erschöpften und für mich. Vom Ende der Fixseile ist noch eine vielleicht 1 km lange Gehstrecke zum Camp 1. Wir kommen immer näher und bald können wir zahlreiche Gestalten im Camp sehen, Dave Hahn kommt uns entgegen, schon von Weitem kann ich seine typische Figur erkennen. Wo ist eigentlich unser wunderschöner, warmer Dome? Je näher wir dem Camp stolperten, umso sicherer wurde die Gewissheit – es sind alle Zelte bis auf 2 von Dave zerstört!!! Wir müssen noch weiter ins Basecamp absteigen.

Der Sturm steigert sich zum Orkan, immer wieder erreichen die Böen solche Stärke, dass es die Menschen einfach wegweht… unglaublich!! Errinnerungen an unsere Kinley Winterbesteigung vor genau 20 Jahren werden wach!!

Da meine Gruppe vor mir das C 1 erreicht hat, haben die Teilnehmer schon begonnen das Gepäck auf Schlitten umzupacken. Bei diesem Orkan ist es aber völlig unmöglich mit Schlitten zu gehen. Endlich sind wir am Seil zusammen, da kommt eine Böe, Schlitten, Menschen und Rettungsschlitten für den verletzten Schweitzer fliegen durch die Luft. Ich mach drei Purzelbäume und liege im Schnee, ein schneller Kontrollblick zeigt mir, dass es keine Verletzungen gibt. – Zum Glück.

Unser wirkliches Glück ist allerdings, dass es nicht allzu kalt ist, vielleicht minus 25, oder 30 Grad bei orkanstärkem Wind.

Wir versuchen zu gehen, kommen allerdings nur rund 50 m weit, die nächste Böe, wieder liegen einige der Seilschaft im Schnee und rappeln sich mühsam auf. Langsam gehen wir weiter, es geht ja doch. Bei jeder Böe bleiben wir stehen und stemmen uns gegen den Sturm.

Nach einigen Stunden erreichen wir das half Camp tiefer unten am Branscomb Glacier und sind damit nicht mehr so stark dem Sturm ausgesetzt.

Wie über Funk angekündigt kommen uns jetzt Chris Stangl und ein Führer aus Amerika entgegen. Sie sollen den Schweizern helfen, von denen einer eine Knieverletzung erlitten hat und einer sich alle Finger angefroren hat.

Wieder einige Stunden später sitzen wir bei Nick im Basecamp und genießen eine wunderbare warme Mahlzeit und viele heiße Getränke. Diesmal war es wirklich knapp, dass es keinerlei Verletzte in meiner Gruppe gegeben hat.

Wir werden in den nächsten Tagen sicherlich einen weiteren Gipfelversuch unternehmen, ewig kann das Wetter ja nicht schlecht bleiben, es muss irgendwann wieder besser werden.

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